Elternzeitrückkehrer*innen sollen sich meistens um alles mögliche selbst kümmern. Einerseits ganz schön, denn damit liegt die Organisation in einer Hand und wenn etwas nicht klar ist, hat man auch sofort den*die Schuldige*n gefunden… andererseits: Der Mental Load liegt nur beim Elternteil, das Unternehmen ist fein raus und der Frustberg wächst und wächst. Denn die Rückkehr aus der Elternzeit, die Neuorganisation und nicht zuletzt die unsichere Betreuungssituation vielerorts ist einfach zu viel für ein paar Schultern.
Unternehmen sollten deshalb ein Interesse daran zeigen, den Wiedereinstieg so entspannt wie möglich zu gestalten. Wieso? Ich sage nur: Employer Branding, Mitarbeiter*innen als Brand Ambassadors, geringere Mitarbeiterfluktuation. Alles Punkte, die schon allein aus wirtschaftlichem Interesse total dafür sprechen, Wiedereinstiege einfach und machbar zu gestalten!
Wir brauchen Flexibilität
Flexibilität ist Voraussetzung dafür, dass Veränderung möglich ist. Das bedeutet, dass auch für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf die Flexibilität aller Beteiligten wichtig ist.
Wir alle kennen tausend Gründe, aus denen Eltern flexibel sein müssen:
- Kita ist geschlossen, weil Erzieher krank sind
- Kind ist krank
- Zweites Kind ist krank
- Alle sind krank
- Es fehlt ein Erzieher
- Kinderbetreuung gibt es nur noch vormittags, aber nicht nachmittags
- Schulferien, aber keine Urlaubstage mehr
- Arzttermine können nur während der Arbeitszeit stattfinden
- Elternabend wurde auf 16 Uhr vorverlegt, damit der Abend freibleibt
- und, und, und.
Es wird dabei häufig erwartet, dass sich Elternzeitrückkehrer*innen in die bestehenden Unternehmensstrukturen eingliedern und sich anpassen. Das führt auf Dauer meist dazu, dass sie frustriert sind, nicht mehr die gewünschte Leistung erbringen können oder als uninteressiert wahrgenommen werden — weil sie eben nicht spontan Mittwochabend nach der Arbeit in den Biergarten zum Feierabendbierchen kommen.
Unternehmen haben dabei ein großes Potential, selbst flexibel zu sein. Geforderte Maßnahmen sind zum Beispiel:
- Flexible Arbeitszeiten
- Hybride Modelle oder vollständige Remote-Stellen
- Kinderbetreuung im Unternehmen
- Die Möglichkeit, (ältere) Kinder mit zur Arbeit zu bringen
- Beteiligung an Kitakosten oder Kosten für Kinderbetreuung
- Homeoffice, wenn das Kind krank ist
- Arbeitszeitkonten, um Krankheits- oder Ferientage auszugleichen
Viele von diesen Ideen sind nicht neu und viele kosten eigentlich auch kein Geld. Im Gegenteil: Wenn Elternzeitrückkehrer*innen nicht ernst genommen werden, nur nebenher laufen oder gar sofort gekündigt werden (denn auch das gibt es), dann ist das wesentlich teurer: Ausschreibung, Auswahlgespräche, Einarbeitung und der Wissensverlust kosten Unternehmen jedes Jahr einen Haufen Geld. Eine Kündigung verursacht einer Studie von 2018 zufolge Kosten von Höhe von 43.000 Euro!
Wenn ein Arbeitgeber sich jedoch dazu entscheidet, Vereinbarkeitsmodelle im Unternehmen zu etablieren, ist Hilfe angebracht. Jedes Changeprojekt braucht Aufmerksamkeit und Klarheit. Niemand mag Veränderung, und das ist natürlich auch im Unternehmen der Fall. Durch begleitende Coachings, Workshops oder einen Sparringspartner können Unternehmen sicherstellen, dass ausreichend Klarheit und Offenheit über Ziele, Möglichkeiten und Vorhaben da ist.
Kleine Schritte
Manchmal muss es auch gar nicht das große Changeprojekt sein — vielleicht reicht auch ein Coaching für die Rückkehrer oder die Abteilungsleiter. Auch in diesem Fall sollte das Unternehmen wie selbstverständlich die Kosten tragen: Selbst, wenn bei einem Coaching am Ende herauskommt, dass der Mitarbeiter nicht mehr zum Unternehmen passt, dann ist das immer noch günstiger, als einen Mitarbeiter monate- oder jahrelang mitzuziehen, der unzufrieden ist.
Für alle Rückkehrer*innen gilt deshalb auch: Nehmt es selbst in die Hand, das Unternehmen in die Pflicht zu nehmen — fragt z.B. aktiv nach einem Coaching oder einer Möglichkeit, die Stelle vereinbar zu gestalten.
Quellen: https://arbeits-abc.de/fluktuationskosten-falscher-personalentscheidungen/