(Foto: © Frauke Beckert, mit Dank an den Ehemann. Der ist übrigens ein Papa, der verdammt viel versteht!)
Wenn ein Paar das erste Kind bekommt, wird ein Mensch die erste Bezugsperson des Babys sein und ein Mensch die zweite. Es ist ja auch im Jahr 2022 noch üblich, dass Nr. 1 der weiblich gelesener und Nr. 2 der männlich gelesene Teil dieses Paares ist, und gleichzeitig möchte ich hier ein bisschen Werbung dafür machen, dass ihr euch primär an den ROLLEN der Personen entlanghangelt und weniger an ihrem Geschlecht.
Die erste Bezugsperson wird eine Zeit lang unsichtbar werden und den Hauptteil der Carearbeit übernehmen. Die zweite Bezugsperson geht meist irgendwann wieder arbeiten und wechselt von nun an zwischen einem Arbeits-Ich und dem Bezugspersonen-Ich.
Diese Diskrepanz im Leben der beiden Personen wird dazu führen, dass die erste Bezugsperson einen eigenen Stil und eigene Rituale mit dem neuen Baby entwickelt. Wie läuft es ab, wenn sie rausgehen? Wie wird das Baby gefüttert? Was macht man, wenn das Baby mal gerade friedlich schläft oder sich problemlos ablegen lässt? Was tun, wenn das Baby einfach schreit und schreit und schreit? Wie verliert man tagsüber nicht die Nerven?
Die zweite Bezugsperson erlebt das alles nicht am eigenen Leib. Sie kommt abends nach Hause (oder in Pandemiezeiten aus einem Arbeitszimmer) und hat noch einen frischen Kopf für Babysachen. Sie hatte Zeit, sich mit Erwachsenen auszutauschen und zumeist auch eine Mittagspause zu machen.
Und dann gibt es diese kleine Situation: Es war abgesprochen, dass Bezugsperson 1 sich ums Essen kümmert und einkaufen geht, und gemacht wurde… nichts. Bezugsperson 2 ist enttäuscht. Ist hungrig und fertig von der Arbeit. Versteht nicht, warum Bezugsperson 1 nicht einfach mit Baby einkaufen gehen konnte, irgendwann in den langen Stunden. Es kommt zum Streit.
Was ist hier passiert? Die erste Bezugsperson hat Stunden hinter sich, in denen sie ihre eigenen Bedürfnisse stets hintenan stellen musste. Dann kommt die zweite Bezugsperson nach Hause, und bringt statt Entlastung nur neue Arbeit mit. Spiegelt nun die zweite Bezugsperson, dass es eine einfache Aufgabe sei, einkaufen zu gehen und Essen vorzubereiten, führt das dazu, dass die erste Bezugsperson sich eventuell fragt, was mit ihr nicht stimmt — weil es eben nicht einfach war heute. Die Antwort: Sie ist eine schlechte Bezugsperson. Schlechte Mama. Schlechter Papa. Kriegt das nicht hin.
Die Folge: Selbstabwertung, Zweifel, Trauer, Verzweiflung. Diese Gefühle zeigen sich meistens nicht in ihrer Reinform, sondern suchen sich ein Ventil: zum Beispiel, indem die Bezugsperson in einen Verteidigungsmodus geht, kurz angebunden ist, weint oder auch selbst angreift und flucht und verwünscht.
Das Bedürfnis nach Wertschätzung und Anerkennung in dieser frühen Phase der Elternschaft kann einfach nicht oft genug bestätigt werden — und zwar von den Menschen, von denen man es auch annehmen kann. Was könnte die zweite Bezugsperson jetzt also machen? Sie könnte wahrnehmen, was geleistet wurde. Wahrnehmen und anerkennen, dass es vielleicht ein schwieriger Tag war, und Lösungen bieten für das nichtgemachte Essen.
Natürlich hat auch die zweite Bezugsperson vielleicht einen doofen Tag hinter sich — Kollegen sind nicht immer nett und Projekte nicht immer spannend. Gleichzeitig ist es nun an ihr, die eigenen Bedürfnisse kurz hintenanzustellen. Das, was die erste Bezugsperson als ihren ‘Arbeitsalltag’ erlebt, muss auch zum Arbeitsalltag der zweiten Bezugsperson werden — trotz ihrer stundenlangen Abwesenheit.
Das ist eine superschwierige Challenge, die jedes Paar da meistern muss. Wie kann Coaching in dieser Situation jetzt helfen? Beim Coaching gehst du mithilfe bestimmter Kommunikationsmuster und Übungen auf die Suche nach deinen eigenen Bedürfnissen und lernst so dich und auch dein Umfeld besser kennen. Es hilft enorm, wenn du in so einer stressigen und belastenden Situation genau weißt, was für ein Bedürfnis du eigentlich gerade zu erfüllen versuchst. Deshalb ist Coaching da genau richtig, wenn es dir um einen entspannteren Alltag oder ein wertschätzenderes Miteinander geht.