Zeitmanagement wird häufig als Grund Nr. 1 angeführt, wenn es darum geht, weshalb jemand bestimmte Dinge nicht geschafft hat. Und das nicht nur von Beobachtern oder Kritikern, sondern häufig auch von den Personen selbst! Ich höre sehr oft im Coaching, dass sich jemand zum Ziel gesetzt hat, sich besser zu organisieren, achtsamer mit seiner Zeit umzugehen, und, und, und. Nun, liebe berufstätige Eltern, Care-Arbeitende, Großeltern, ich frage euch:
Wer zur Hölle hat euch eingeredet, dass ihr immer alles schaffen müsst?!
Euer Tag hat 24 Stunden, nicht mehr und nicht weniger. Wer Verantwortung für ein zu pflegendes Familienmitglied trägt (Kinder genauso wie Ältere oder anderweitig pflegebedürftige Menschen), der gibt einen Teil seines Zeitbudgets dafür her. Je nach Intensität der Pflege und den helfenden Händen, auf die man zurückgreifen kann, ist da ganz schnell ein Drittel des Tages weg.
Eltern brauchen pro Jahr 4 (!!!) Tage, um ihre Kinder im Auto anzuschnallen. Ja, ihr habt richtig gehört: Vier. Volle. Tage! Jetzt überleg dir mal, wie viel Zeit du benötigst, um deinem Kind Essen zu kochen, es zu wickeln, zu füttern, oder umzuziehen. Wäsche waschen, zum Fußball bringen, vom Playdate abholen, Kuchen für die Kita backen… Menschen, die diese Verpflichtung nicht haben, können in dieser Zeit ein Studium machen oder ein sehr ausgiebiges Hobby pflegen (oder zocken. Da vergeht die Zeit auch wie im Flug…). Oder sie gucken jede neue Serie auf Netflix oder sie lesen einfach jeden Monat 10 Bücher. Du steckst hier schon zurück, denn seien wir ehrlich: Auf der Strecke bleibt ja meist das, was man für sich selbst tut, oder?
Jetzt lies die Aufzählung oben nochmal. Weißt du, was da noch total fehlt? Da sein. Bücher vorlesen. Kuscheln. Einen Spaziergang machen und in alle Pfützen treten. Spiele spielen, musizieren, gemeinsam Erinnerungen schaffen, lachen. All das fehlt da oben. Das, worum es eigentlich gehen sollte, kommt in so manchem Ideal vom Zeitmanagement gar nicht oder kaum vor. So, als ob man das so nebenbei machen könne: Während man essen kocht, kann man ja auch lachen, oder? Und während man die Wäsche zusammenlegt, kann man gemeinsam ein Spiel spielen?
Das Geheimnis von Zeitmanagement ist eigentlich sehr traurig, denn es ist oft: Multitasking. Und beim Multitasking fällt eben einiges hinten runter. Wir haben nur ein Gehirn, und so effizient wie wir durch Multitasken auch werden können, es wächst uns garantiert kein Zweites.
Deshalb sage ich: ZEITMANAGEMENT IST EINE LÜGE.
Eltern sind einfach häufig doppelt und dreifach belegt, weil sie als Eltern einen Vollzeitjob haben, dann auch noch 30–40 Stunden erwerbsarbeiten gehen, gleichzeitig auch noch einen Haushalt führen müssen, und das häufig ohne externe Hilfen. Großeltern gehen auch selbst noch arbeiten und können nicht auf Abruf einspringen, oder wohnen einfach zu weit weg.
Zeitmanagement ist nett, und es ist toll, wenn du deine Prioritäten kennst, denn das macht alles ein bisschen einfacher. Gleichzeitig brauchst du einen wirklich wichtigen Skill, der ganz oft unter den Teppich gekehrt wird: Du musst laut und deutlich NEIN sagen können. Manchmal gefolgt von einem “danke”, und manchmal von einem “echt nicht”. Und auch manchmal von einem “auf gar keinen Fall”. Nein sagen ist schwierig, denn damit stellst du ein bestimmtes Bedürfnis über andere und eventuell stößt du auch (geliebten) Menschen vor den Kopf. Deshalb: Nein sagen muss man trainieren. Wie Klimmzüge — irgendwann geht es ganz einfach und du fragst dich, weshalb du jemals Probleme damit hattest.
Wenn du gerne deine Prioritäten besser kennenlernen möchtest, um dann mal so richtig genussvoll NEIN zu sagen, dann empfehle ich dir meine schöne Prio-Matrix, die du hier downloaden kannst. Viel Freude damit!